Berberian Sound Studio (Peter Strickland, Großbritannien 2012)

„Berberian Sound Studio“ – ein Film über die Macht von Gemüse?

Der Tontechniker Gilderoy (Toby Jones) reist nach Italien, um den Giallo „The Equestrian Vortex“ von Meisterregisseur Santini (Antonio Mancino) zu vertonen. Zusammen mit Produzent Francesco (Cosimo Fusco) macht er sich ans Werk. Doch schon bald verliert er sich immer mehr in der Geräuschwelt des Films. Und auch in der Realität beginnen ihm die Dinge seltsam vorzukommen. Verliert er den Verstand?

Viel passiert nicht in Peter Stricklands Film. Die meiste Zeit verbringt man damit, Gilderoy bei der Arbeit zuzusehen oder viel mehr – zuzuhören. Synchronsprecherinnen kommen und gehen, Gilderoy prügelt, zerhackt, zerstückelt derweil verschiedene Gemüsesorten, um den perfekten Sound für den Film zu finden. Außerdem versucht er seine Reisekosten erstattet zu bekommen, was sich als ziemlich schwierig herausstellt. Doch irgendwas passiert mit Gilderoy. Die Welt um ihn herum erscheint ihm immer seltsamer. Hat das mit dem Film zu tun? Für ihn wird es ständig schwieriger zwischen Wahrheit und Fiktion zu unterscheiden. Nach und nach wird aus ihm ein anderer. Am deutlichsten wird das wohl in der Szene, in der der sonst so schüchterne Mann plötzlich eine der Frauen, die für die Schreie im Film zuständig ist, durch quälende Geräusche über den Kopfhörer zu Höchstleistungen ankurbeln will.

Auf einer abstrakten Ebene ist mir der Film sehr sympathisch. Unser Gehirn braucht nicht nur visuelle Reize, um die überzeugende Illusion der Wahrheit eines Films zu konstruieren. Wie wichtig hierfür auch akustische Signale sind, merken wir in jedem Horrorfilm – und das zeigt uns Strickland auch kunstvoll in „Berberian Sound Studio“. Verglichen mit den Neo-Gialli „Amer“ und „Masks“ schneidet er meinem Geschmack nach jedenfalls recht gut ab. So ganz hin und weg bin ich aber trotzdem nicht. „Katalin Varga“, Stricklands Debütfilm, hat mich vor ein paar Jahren auf der Berlinale bereits ratlos zurückgelassen. Das hat der Regisseur mit „Berberian Sound Studio“ nun erneut geschafft. Worum geht es Strickland und worum geht es in seinem Film? Keine Ahnung. Ist es eine Homage an Gruselfilme im Allgemeinen und den Giallo im Besonderen? Bestimmt zumindest zum Teil. Geht es um die Macht der Geräusche und jemanden, der sich im Universum der Klänge verliert? Wahrscheinlich auch nicht ganz falsch. Aber irgendwie verliere ich mich auch selbst beim drüber Nachdenken und komme zu keinem vernünftigen Ergebnis. Offenes Ende.

Zuschauer bzw. –hörer mit einem akustischen Faible werden diesen originellen Film bestimmt mögen. Mich hat dieses Experiment leider nicht komplett überzeugt und gestern Nacht vor allem müde gemacht – bin ich doch eher Freund von Bildern und Geschichten. „The Equestrian Vortex“ wäre insofern sicherlich eher etwas für mich gewesen. Aber jetzt: Silenzio.

 

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